Südostschweiz-Zeitung:
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"Nichts
Interessanteres, als dem Leben nachzuforschen": Hans Jud machte das Hobby zum Beruf. |
Nach prägenden Erfahrungen und über Jahre vertieftem Studium moderner Psychologie und verschiedener östlicher und westlicher Weisheitslehren machte Hans Jud das Hobby Esoterik zu seinem Beruf. Der in Näfels aufgewachsene ursprüngliche Elektro-lngenieur lässt uns in seine Karten schauen.
Hans Jud, wie definieren Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen und Ihres Wissens die Esoterik?
Hans Jud: Leider gibt es viel Humbug (falsches Verständnis und Vermarktung) auf diesem Gebiet, weil es eben gerade um jene Dinge geht, die nicht im üblichen Sinne nachprüfbar sind. Die ursprüngliche Esoterik befasst sich mit dem Unsichtbaren, Verborgenen, mit den inneren Kräften - es ist also sozusagen eine innere Wissenschaft, die sich nicht mit «Dingen» befasst, die an der Oberfläche liegen, sondern in die Tiefe geht.
Zum Beispiel?
Hans Jud: Ein Aspekt der Esoterik ist beispielsweise die Auseinandersetzung mit psychologischen Gesetzen, das heisst, mit Gesetzen, die von der Psyche, vom Geistigen her logisch sind. Diese innere Wissenschaft ist für diejenigen, bei welchen das Auge für diese Dinge erwacht ist, genau so oder gar noch klarer nachvollziehbar wie die Dinge der äusseren Wissenschaften, der Physik zum Beispiel. Nur ist es eine andere Logik. Während die äussere Wissenschaft im Kopf abgehandelt wird, drängt sich bei der inneren Wissenschaft ein differenziertes und ordnendes Nachfühlen, ein Nachspüren auf. Während bei den äusseren Wissenschaften «auswendig» gelernt wird, ist bei der inneren Wissenschaft Inwendiglernen angesagt, Dazu braucht es «nichts als» Interesse an lebensphilosophischen Fragen (Sinnfragen) und die Lebenserfahrung eines Erwachsenen.
Sie setzen sich seit Jahren intensiv mit Esoterik auseinander. Wie haben Sie als Elektro-Ingenieur und Computer-Spezialist Zugang zu dieser von vielen als irrational verstandenen Welt gefunden?
Hans Jud: Erlauben Sie mir zuerst eine Bemerkung zur «irrationalen Welt». Rational bezeichnen wir, was wir greifen und begreifen können. Ich meine, dass unsere rationale Welt nur «scheinbar rational» ist!
Wie bitte?
Hans Jud: Nehmen wir als eines von vielen möglichen Beispielen die elektrische Energie: Wir meinen zu wissen, was dies ist - in Wirklichkeit haben wir nur gelernt, damit umzugehen. Wir haben der Natur Gesetze abgelauscht, die uns erlauben, die elektrische Energie gezielt einzusetzen. Aber: Niemand weiss, was Elektrizität im Ursprünglichen wirklich ist. Wir haben uns lediglich zum Magier des elektrischen Phänomens erhoben und sagen, es sei alles klar und rational, nur weil wir damit rechnen gelernt haben.
Nun aber zu Ihrer Frage: Für mich gab es bis 1985 nichts dergleichen, was Sie als «irrationale Welt» bezeichnen. Genaue Wissenschaft war meine überzeugte Einstellung. Nach der Uberwindung einer schwierigen Lebensphase erlebte ich im wahrsten Sinne des Wortes eine phänomenale Woche, das heisst, ich erlebte während einer Woche ein für mich damals unerklärliches Phänomen nach dem anderen - und zwar nicht in einem Kursus oder so, sondern im gewöhnlichen Leben. Diese grossartigen Erfahrungen bewirkten, dass meine damaligen Weltansichten und Überzeugungen mit einem Schlag in Frage gestellt waren. Ich wollte versuchen, das Erlebte irgendwie zu fassen. Auf dieser Suche stiess ich dann auch zum ersten Mal auf das Wort Esoterik. Kurz - diese Woche ist heute noch Triebfeder und wird es für den Rest meines Lebens sicher auch bleiben.
Sie geben in ihrem Institut Prisma «Seminare und Beratungen für Erweitertes Erkennen». Was kann man darunter verstehen?
Hans Jud: Prisma liefert kein fertiges Weltbild. Prisma ist frei und unabhängig von jeglicher weltanschaulicher oder religiöser Gruppierung. Es wird auch keine Reklame für oder gegen irgend eine Religion gemacht. Der Seminarteilnehmer respektive persönlich Ratsuchende soll befähigt werden, aus seiner eigenen Welt heraus grössere, erweiterte Zusammenhänge zu erkennen. Es braucht halt manchmal jemanden, der uns aus den eigenen eingefleischten Ansichten herausholt, um mehr Überblick, Umsicht zu erhalten - auch wenn es vielleicht nur dazu dient, nachher zu wissen, dass man mit den eigenen Erfahrungen gar nicht so daneben liegt.
Konkret?
Hans Jud: Erweitertes Erkennen also im Sinne von mehr Ubersicht, das heisst eine übergeordnete Sicht für das Leben erhalten, Zusammenhänge erkennen, Sinnzusammenhänge sehen ... Aha-Erlebnisse! Bei all dem geht es darum, mittels Verständnis, inneren Frieden, Harmonie zu finden und gepaart damit, ethisch sauber und der Situation (nicht dem Ego) angepasst zu handeln. Letztendlich geht es dabei aber immer um Gott als allumfassendes und allesdurchdringendes Prinzip. Beim Erkennen von geistigen Gesetzen und Zusammenhängen erkennen wir Aspekte Gottes. Aber bleiben wir in diesem Interview auf dem Boden dieser Welt...
Wo legen Sie in diesem grossen Gebiet die Schwerpunkte?
Hans Jud: Es geht immer um den Prozess der eigenen Bewusstwerdung, Ganzwerdung, Individuation, was letztlich immer das Gleiche bedeutet. Im Mittelpunkt steht der Mensch, der das grosse Werk der Bewusstwerdung bei sich vorantreiben will. Die Seminare sind keine Therapie-Gruppen, auch werden keine Rollenspiele und dergleichen durchgeführt. Es werden verschiedene Weisheitslehren und Methoden anschaulich aufgezeigt, an denen gut angeknüpft werden kann, um den Faden selber weiterzuspinnen. Absolut wichtig ist mir dabei immer der Bezug zum Alltag, damit wir nicht irgendwo so pseudo-glückselig in den Wolken hängenbleiben. Unser Wissen soll uns ganz konkret weiterhelfen!
Was heisst denn «Bewusstwerdungsprozess»?
Hans Jud: Seit Menschengedenken hat es Leute gegeben, die sich lebensphilosophischen Fragen gewidmet haben. Immer hat es welche gegeben, die nach allumfassenden geistigen Zusammenhängen suchten - und auch fanden. Diese geistigen, ewigen Gesetze waren, sind und werden immer die gleichen sein. Obwohl diese Gesetze dauernd wirken und uns bestimmen, wissen wir nichts (mehr) davon - wir haben sie vergessen, sie sind uns unbewusst. Es ist als ob wir in unserem Lebens-Schachspiel dauernd mit unserer Figur am Zuge wären, wir aber die Spielregeln vergessen hätten. Wenn wir aber bedenken, dass jede Handlung ihre Wirkung zeitigen wird, so ist klar: Wenn wir in diesem anspruchsvollen Spiel unsere Figur einfach mehr oder weniger blind auf der Spielfläche hin und her schieben, so haben wir den Ausgang dieser Partie gelinde gesagt keinesfalls unter Kontrolle! Es geht um geistige, seelische Entwicklung, es geht um erweitertes Erkennen der Zusammenhänge - in und um uns.
Und warum lehren Sie diese Schachregeln?
Hans Jud: Die ernsthafte Esoterik kann uns soweit bringen, dass wir in die Lage kommen, in der Gegenwart, im bewusst gelebten Augenblick unsere Zukunft bewusst zu formen und damit nicht mehr weiter blind Spielball des Schicksals zu bleiben. Peter Ustinov sagte einmal: «Das Schicksal ist viel zu ernst, als dass man es dem Zufall überlassen könnte.» Der Dalai Lama sagt es so: «Was immer wir in diesem oder im zukünftigen Leben erdulden müssen, rührt von unserer Unfähigkeit her, den eigenen Geist zu meistern.» Beim Bewusstwerdungs-Prozess geht es darum, eben diesen Geist meistern zu lernen.
Erläutern Sie mir bitte kurzfolgende vier Insider-Begriffe: 1. Meditation 2. Tibetanisches Lehensrad 3. Projektion 4. Tarot.
Hans Jud: Zur Meditation: Das A
und O auf unserem Weg der Bewusstwerdung ist richtige Meditation. Meditation hat nichts
mit Religion (wie oft angenommen) zu tun, sondern ist Schulung und Kultivierung von
Konzentration, Achtsamkeit und innerer Ruhe. Meditation lehrt uns, die Aufmerksamkeit auf
den Augenblick unseres Lebens auszurichten und die Ruhe dieses Augenblicks auszukosten.
Meditation ist geistige Hygiene, in dem Sinn, dass sie unseren Geist reinigt und eine
gesunde, heilsame Geisteshaltung erzeugt. Meditation gibt uns auch einen ruhigen Fixpunkt
in uns, um den wir unseren Alltag in Ruhe und Ubersicht arrangieren können.
Das Tibetanische Lebensrad ist eines der bedeutensten
Symbolwerke der Menschheit. Es zeigt einerseits die buddhistische Philosophie auf,
andererseits veranschaulicht es aber auch sehr schön, wie das Leben so mit uns «spielt»
und wie wir uns entwickeln können. Ein grossartiges Werk und eine grosse Hilfe für jeden
sich Entwickelnden!
Zur Projektion: Wie innen so aussen! Wie ist es
möglich, dass zwei Menschen die gleiche Situation total verschieden wahrnehmen - wenn
nicht dadurch, dass sich bei jedem sein ganz persönlicher Erfahrungsschatz in die
Situation projiziert (Situation = komplexe Leinwand). Die objektive Situation wird auf
diese Weise subjektiv verfärbt, verändert, verfälscht. Wir sagen auch: Jeder sieht die
Situation durch seine Brille. Was die beiden also wahrnehmen - als wahr annehmen - ist
sehr subjektiv gefärbt, obwohl sie glauben, die objektive Situation vor sich zu haben.
Auf diese Weise wird innen und aussen, Subjekt und Objekt vermischt und verwechselt. Wer
soll unter diesen Umständen noch klar und sauber entscheiden und handeln können? Stellen
wir uns folgendes Beispiel vor: Eine junge Frau erlebt an unserem schönen Obersee ihr
erstes, sehr beglückendes Liebeserlebnis - wohingegen eine andere junge Frau am genau
gleichen Ort ganz schlechte Erfahrungen gemacht hat. Die zwei Frauen sehen zeitlebens den
gleichen Ort auf ganz verschiedene Weise. Für die erste wird dieser Ort immer der
schönste dieser Welt bleiben, die andere Frau hingegen sieht diesen Platz nicht so rosig.
Der Ort selber ist aber in beiden Fällen genau derselbe - er verändert sich nicht
objektiv. Würde es sich nun für die zweite Frau nicht eindeutig lohnen, den Obersee
losgelöst von ihrem schlechten Erlebnis sehen zu können? Das Seminar «Projektion»
gäbe ihr den Schlüssel dazu in die Hand, worauf auch sie sagen könnte: Der Obersee als
unser Naherholungsgebiet ist tatsächlich der schönste Ort auf dieser Welt.
Und schliesslich Tarot?
Hans Jud: Üblicherweise kennt man Tarot nur zum Kartenlegen. Es gibt aber einen tieferen Sinn. Tarot ist ein Kondensat menschlicher Erfahrung. Tarot als Anatomie unserer Psyche, unseres Geistes. Es gibt keine Erfahrung, die von Bedeutung ist, die nicht im Tarot symbolisch dargestellt ist. Tarot quasi als «Drehbuch des Lebens» lässt uns auch Einblick nehmen in die grossen Geheimnisse unseres Daseins. In diesem Seminar geht es in erster Linie um das inhaltliche Erfassen dieses Symbolwerkes, nicht so sehr um das Kartenlegen, obwohl auch dieses nicht zu kurz kommt. Siehe Tarot als Drehbuch des Lebens.
Welche Voraussetzungen muss der Seminarteilnehmer mitbringen?
Wie anfangs schon gesagt, braucht es nichts als ein grosses Interesse an lebensphilosophischen Fragen, ein Interesse am Leben, ein Interesse, das Leben, so gut es uns eben möglich ist, begreifen zu wollen... mehr hinter die Kulisse zu sehen. Alle Seminare sind alltagsbezogen und knüpfen an der Lebenserfahrung eines erwachsenen Menschen an, so dass das vermittelte Wissen wirklich greifbar wird.
Was bedeutet der Name Prisma?
Hans Jud: Trifft weisses Licht auf ein Prisma, so wird dieses in die Pracht der Regenbogenfarben aufgefächert. Ein Prisma offenbart also das Farbspektrum des weissen Lichtes - es zeigt, was im weissen Licht drinsteckt. In diesem Sinne möchte Prisma das verborgene Spektrum unseres Daseins aufzeigen. Es möchte zeigen, was «drin liegt», was die Möglichkeiten sind - in uns.
Leben Sie denn heute echt besser als früher?
Hans Jud: Für mich gibt es wirklich nichts Interessanteres, als dem Leben nachzuforschen, zu philosophieren. Es macht mir Spass, immer wieder neue Zusammenhänge unseres Daseins zu entdecken. Eine Überraschung ist es für mich zwar nicht mehr, festzustellen, dass alle echten Weisheitslehren haargenau auf den gleichen Punkt hinzielen - und trotzdem freue ich mich jedesmal wieder wie ein Kind, wenn ich den Schlüssel zur richtigen Sichtweise bei einer Lehre herausgefunden habe. Es ist befriedigend, immer wieder zu erfahren, wie die «verschiedenen Richtungen» nicht auseinanderlaufen, sondern sich als Sichtweisen ergänzen und einander unterstützen, so dass das Blickfeld immer erweitert wird: Erweitertes Erkennen! Die Frage könnte ich kurz so beantworten: Früher habe ich praktisch nur mit dem Kopf gelebt, heute sind es Kopf und Bauch, Verstand und Gefühl - vielleicht sogar mit etwas Überlast im Bauch - in welchem Sinn auch immer (hält sich den Bauch und lacht!)
Beitrag inkl. "Tarot als
Drehbuch des Lebens" aus
"Die Südostschweiz, Glarner Nachrichten"
erschienen am 11. August 1998
PRISMA - Esoterische Seminare, CH-6353 Weggis